Rishikesh ist eine kleine Stadt im Bundesstaat Uttarakhand im Norden Indiens. Jeder, der sich auf Yoga einlässt, wird früher oder später auf den Namen Rishikesh stoßen. Aber warum trägt diese Stadt den Titel 'Hauptstadt des Yoga'? Und was macht die Stadt aus? Anfang des Jahres hatte ich die Gelegenheit, mir selbst ein Bild zu verschaffen. Dies ist mein Versuch, die Schönheit der Stadt in Worte zu fassen.
Am Fuße der Himalyas, durchkreuzt vom heiligen Fluss Ganges
Um die einzigartige Magie Rishikeshs zu verstehen, möchte ich zunächst auf die Lage eingehen. Denn Rishikesh verbindet gleich zwei wichtige Pilgerorte: Die Himalayas und den heiligen Fluss Ganges.
Die Himalayas erstrecken sich mit einer Gesamtfläche von fast 600.000 km² über Nordindien, Nepal, Tibet, Pakistan und China, wo sie im höchsten Punkt der Erde, dem Mount Everest gipfeln. Unzählige Mythen und Legenden ranken sich um diese Gebirge. So heißt es zum Beispiel, dass sich schon der erste große Yogi, Lord Shiva, vor 7000 Jahren zur Askese in die Berge zurückzog und dort die Erleuchtung fand. Selbst zum Gott geworden, legte er die menschliche Form ab, hinterließ den Menschen, die ihm folgen möchten, jedoch ein machtvolles Werkzeug: Yoga!
Seine Energie und Weisheit, so heißt es, verweilt bis heute in den Bergen und manche Stimmen behaupten sogar, er sei zuweilen tanzend auf dem Berg Kailash (in Tibet) gesichtet worden. Und so ziehen die Himalayas seit jeher Pilgerer, Sadhus und Yogis an, viele mit dem höchten Ziel: der Erleuchtung. Ein wahrlich mystischer Ort.
Der heilige Fluss Ganges, von Einheimischen auch liebevoll 'Mutter Ganga' genannt, hat seinen Quellpunkt in dieser majestätischen Gebirgschaft. Er wird von gläubigen Hindus und Yogis als die Verkörperung der Göttin Ganga gesehen, die wie man sagt, einst als Fluss auf die Erde kam, um die Menschen von ihren Sünden zu befreien. Daher nicht wundern, DER Fluss identifiziert sich als Frau ;) Es heißt, wer in ihren heilenden Gewässern badet, wird von sämtlichem Karma reingewaschen, auch solchem früherer Leben!
Das heutige Rishikesh befindet sich an dem Ort, wo der Ganges aus den Himalayas heraustritt und von hier quer durch Nordindien und Bangladesh fließt. Solange Aufzeichnungen zurückreichen, reisten Pilgerer an diesen Ort, auf der Suche nach Weisheit, Einsicht und Befreiung ihrer Sünden. Im Laufe der Zeit ließen sich hier viele Glaubensgemeinschaften nieder und so findet man heutzutage in Rishikesh sowohl antike als auch moderne Tempel. Und unzählige Ashrams.
Die Beatles in Indien
Auch die Beatles fanden 1968 ihren Weg nach Rishikesh und verbrachten hier gleich mehrere Jahre, um von spirituellen Meistern in die Geheimnisse transendentaler Meditation eingeweiht zu werden. Mit ihrem Aufenthalt machten sie die Stadt erstmals einem breiten westlichen Publikum bekannt. Auch durch ihren Einfluss hat sich Rishikesh in den letzten Jahrzehnten zu einem Touristenzentrum entwickelt. Jenes Ashram, in dem sie sich vor 50 Jahren niederließen, ist heute ein beliebtes Touristenziel. Zwar wurde der Betrieb des Beatles Ashrams 1990 eingestellt, es kann jedoch immer noch von Besuchern besichtigt werden.
Seit 2000 wird in Rishikesh außerdem jedes Jahr das internationale Yoga Festival gefeiert. Interessierte Yogis aus aller Welt kommen zusammen und praktizieren gemeinsam. Das spirituelle Herz blüht auf in dieser Umgebung, denn wer Yoga in seiner wahren Fülle erleben möchte, der muss seinen Ursprung verstehen. Und Rishikesh lädt jeden Reisenden dazu ein.
Diese Stille, abgesehen vom Lärm..
Indien? Stille?
Ok, über das typisch indische Verkehrs-Chaos müssen wir uns nicht streiten. Es gleicht einer Abenteuerreise. Da macht man schnell mehrere Nahtod-Erfahrungen beim bloßen Überqueren einer Straße. Eine Sache, an die ich mich auch nach 5 Wochen nicht gewöhnen konnte ist, dass man kaum entspannt einen Gehweg entlang laufen kann ohne angehupt zu werden, weil ein Rollerfahrer vorbei möchte.
Und selbst mit noch so großer Anstrengung den Gehweg möglichst freizulassen, Inder lieben es einfach sich bemerkbar zu machen im Verkehr, es gehört einfach dazu und sie nutzen jede sich bietende Gelegenheit. Da wird auch schon mal eine am Wegesrand weidende Kuh angehupt.
Doch sobald man das geschäftige Treiben des Zentrums verlassen hat und in ablegenere Gebiete Rishikeshs vordringt, ist die Ruhe unvergleichlich.
Nur 30 Minuten Autofahrt vom Stadtkern entfernt, in den Tiefen der Himalayas, ist kein Ton zu hören, außer möglicherweise dem Tröten eines Elefanten in 400 Metern Entfernung.
Die Stille ist so präsent, dass man meinen könnte, sie physisch zu spüren. Als streichelte sie einem sanft ums Gesicht, um einen Willkommen zu heißen. Hier passiert die wahre, tiefe Meditation. Man kann gar nicht anders, als präsent zu sein und die Eindrücke dieser atemberaubenden Landschaft auf sich wirken zu lassen.
Gastfreundschaft wo man auch hingeht
Die Gastfreundschaft, die einen in Rishikesh erwartet, ist wirklich berührend. In meinen 5 Wochen dort, wurden wir zu zwei Hochzeiten eingeladen (überhaupt gibt es in Rishikesh immer irgendwo eine Hochzeit oder sonstige Feierlichkeit). Wir haben mit Fremden getanzt und wurden bestens verpflegt. Wir haben spontan bei einem Filmdreh mitgespielt, wurden zu unzähligen Chai eingeladen und haben die tiefgründigsten Gespräche geführt. Gespräche der Art, nach denen man das Gefühl hat, ein bisschen mehr verstanden zu haben, über unseren komplexen Kosmos. Wo man auch hingeht, die Menschen sind aufgeschlossen und hilfsbereit. Jeder scheint ein Ohr für dich zu haben. Und sie meinen es so. Keine Hintergedanken.
Mir fiel relativ schnell auf, dass obwohl wir viele Male davor gewarnt wurden, als Touristen von indischen Händlern über den Tisch gezogen zu werden (Inder lieben es zu verhandeln), hat man uns durchweg dieselben Preise angeboten, wie den Einheimischen. Ich habe es getestet. Die Leute kommen einem mit einer tiefen Aufrichtigkeit entgegen. Egal ob es der Rickshaw Fahrer oder der nette Mann hinterm Kiosktresen ist.
Respekt für Alle
Die ausgesprochene Herzlichkeit der Einheimischen, zeichnet sich auch an ihrem Umgang mit Tieren ab. Ganz im Geiste des Yoga, wird hier jedes Leben respektiert. Von der heiligen Kuh haben wir im Zusammenhang mit Indien natürlich alle schon gehört. Aber eine komplette Stadt, die vegetarisch lebt, wo hat man das schon gehört? Anstatt auf dem Teller zu landen, laufen die Tiere hier frei auf der Straßen herum. Man lebt und arbeitet Seite an Seite mit Kühen, Affen, Hunden und Katzen.
Geteilter Wohnraum sozusagen. Sie laufen mit den Menschen durch die Einkaufsstraße, nehmen neben den vielen Touristen ein Bad im Ganges und grüßen dich beim abendlichen Spaziergang vorm Ashram. Die Leute stören sich nicht daran. Hier wird jedes Tier respektiert, denn jedes Tier ist eine weitere Manifestierung der großen göttlichen Seele auf seiner Reise durch den Kreislauf der Inkarnationen. Und der Weg eines jeden wird respektiert. Deine Seele hat sich entschieden, in diesem Leben eine Kuh zu sein? Viel Spaß dabei, ich werde dem nicht in die Quere kommen.
Die faszinierende Mythologie
Jeder der sich für Mythologie interessiert, wird in dieser Stadt auf seine Kosten kommen. Die unzähligen Mythen und Sagen, die von den Weisen, Generation um Generation, weitergegeben wurden, erzählen von mächtigen Göttern, Halbgöttern, verherrenden Kriegen und der Entstehung der Erde. Es sind Dramen und Tragödien, Romanzen und Abenteuer, die mehr versprechen, als nur eine ausgezeichnete Unterhaltung. Sie bergen subtile Weisheiten, Lebensratschläge, die einfach leichter begreiflich sind, wenn sie in einer unhaltsamen Form dargebracht werden. Und weil das Beste immer zum Schluss kommt, hier eine kleine Geschichte über den großen Yogi Lord Shiva und seine Schwägerin die Göttin Ganga.
Wie wir wissen wanderte Shiva , auf der Suche nach Erleuchtung, vor 7000 Jahren in die Himalayas und praktizierte dort Askese und Meditation.
Die Prinzessin Parvati, Tochter des Gottes der Himalayas, sah den meditierenden Shiva und verliebte sich. Sie verschrieb sich dem asketischen Leben, um seine Gunst zu gewinnen und tatsächlich willigte er ein, sie zu heiraten. Parvati wurde seine treue Begleiterin und unter der Führung ihres Gatten erlangte auch sie die Erleuchtung.
Ungefähr zu dieser Zeit gab es in Indien einen verzweifelten König namens Bhagirat. Seine Vorfahren hatten ein schreckliches Karma auf sich geladen, als sie irrtürmlich einen meditierenden Weisen überfielen und von ihm zu Asche verbrandt wurden. Dieser schändliche Tod hatte zur Folge, dass ihre gequälten Seelen seither auf Erden umherwanderten und keine Ruhe fanden. Als sein Land schließlich von einer 12 jährigen Dürre heimgesucht wurde, ging Bhagirat in tiefe langjährige Meditation und betete zum großen Brahman, dem Gott allen Ursprungs, um Vergebung für die Sünden seiner Vorväter. Brahman antwortete ihm, dass nur die Göttin Ganga, Tochter der Himalayas und Parvatis Schwester, in der Lage sei, diese Schuld zu vergeben.
So pilgerte der Königssohn in die Himalayas, um nach Ganga zu suchen. Dort angekommen traf er auf den Gott der Himlayas, Gangas Vater, der ihm verkündete, dass Ganga inzwischen den Gott Vishnu geheiratet hatte und sich nicht mehr auf der Erde befand. Bhagirat klagte über sein Leid und das Leid seiner Landsmänner. Er bat den Gott der Himalayas nach Ganga zu suchen und sie zu bitten, wieder zurück auf die Erde zu kommen.
Er willigte ein, erklärte jedoch, dass Ganga eine machtvolle Göttin war und ihr Aufkommen so kraftvoll sein könnte, dass die Erde dabei zerstört würde.
Und tatsächlich war Ganga überhaupt nicht begeistert von der Idee, den Himmel zu verlassen und wieder auf die Erde zu kommen. Ihr aufgewühltes Temperament resultierte in großen Fluten, die das Land noch härter trafen, als die vorangegangene Trockenheit.
Bhagirat machte sich erneut auf den Weg in die Himalayas. 'Oh großer Gott der Himalayas' stöhnte er, 'gibt es denn niemanden, der das unberechenbare Temperament der mächtigen Ganga bändigen kann?'
Der Gott der Himalayas sprach: 'Ich habe dich gewarnt, auf Erden gibt es nur einen Mann, der machtvoll genug ist, meiner Tochter Einhalt zu gebieten: Shiva.
So pilgerte der Königssohn weiter durch die Himalayas, bis er schließlich auf Shiva traf. Shiva sah das Leid des Königs und beschloss ihm zu helfen. Er packte seine Schwägerin Ganga, setzte sie sich auf den Kopf und öffnete seine langen zu Dreadlocks gewachsenen Haare.
Die gewaltigen Fluten der Ganga wurden geschmeidig und flossen durch seine Locken herunter auf die Erde der Himalayas. Der Fluss Ganges entstand, und wusch fortan die Menschen rein von ihren Sünden, sodass ihre Seelen die Erde verlassen und in Frieden leben konnten.
Aus dieser Geschichte lernen wir also zwei Dinge: Lord Shiva ist in der Lage den Zorn einer wütenden Frau zu bändigen UND man sollte sich lieber nicht nicht mit meditierenden Weisen anlegen!
Letztlich sind es die Menschen, die Rishikesh, diesen heiligen Ort, so besonders machen. Die Atmosphäre, die Rituale und Zeremonien. Alle hier verbindet vor allem eines: die tiefe Leidenschaft für die spirituelle Suche und die Neugierde nach dem : Wer bin ich wirklich?
Jeder Suchende, der sich auf die Geschichte Rishikeshs einlässt, wird reichlich belohnt, mit einer Welt, in der Magie existiert und jeder Tag ein Liebesgeständnis ist. Ein Liebesgeständnis, an das Göttliche in jedem von uns.
Für Fragen oder Anregungen zu unserem Blog, meldet euch gerne per E-mail yuhappy@beneyu.de oder über unsere Instagram Seite @beneyu_yoga.
Namasté
Eure Jasmine
PS: Let's work together to keep Mother Earth clean :)
Zurück zu BENEYU Blog